Radwandern in Stormarn:
Tour 10 - Per Pedale auf alten Schienenwegen
Große Teile der ehemaligen Bahntrassen in Stormarn, auf denen noch bis in die 1970er Jahre Züge rollten, sind heute zu erholsamen Radwanderwegen ausgebaut. Drei verschiedene Strecken umfasst dieses Netz, und immer wieder sind sie Teil der in diesem Führer beschriebenen Touren.
Von Ost nach West zieht sich in Stormarns Norden die Trasse der ehemaligen Bahnlinie von Elmshorn über Barmstedt nach Bad Oldesloe (EBOE) (1). Die Trasse der alten Bahnlinie von Bad Oldesloe nach Schwarzenbek über Trittau (2) führt von Nord nach Süd, während die der Südstormarnschen Kreisbahn von Trittau nach Glinde (3) einen weiten Bogen im Süden des Kreises Stormarn beschreibt.
Ungestört vom Autoverkehr radelt man auf ebener Trasse durch reizvolle Landschaften und erlebt die Ausblicke,wie einst die Bahnreisenden aus dem Fenster ihres Abteils. Unterwegs trifft man auf alte Bahnhofsgebäude, die häufig Wohnhäuser oder Restaurants sind. Auch alte Güterschuppen, Lokschuppen und Lagerhäuser zeugen noch von den ehemals wichtigen Umschlagplätzen an den Bahnlinien.
Bahnfans können sich ganz individuell eine mehrtägige Bahntrassentour von Glinde über Trittau nach Bad Oldesloe und weiter bis Wakendorf II zusammenstellen, wobei der Rückweg von Wakendorf II nach Glinde über Teilabschnitte der Touren 5, 12 und 16 fernab ehemaliger Bahnlinien möglich ist.
Auf der Obstlinie
Im Jahr 1907 wurde die Eisenbahnlinie von Elmshorn über Barmstedt nach Bad Oldesloe (1) durch eine private Eisenbahngesellschaft (EBOE) fertig gestellt. Als sie 1973 außer Betrieb genommen wurde, legte man auf ihrer Trasse von Henstedt-Ulzburg bis Bad Oldesloe einen schönen Radwanderweg an, den der längste Obstlehrpfad Europas begleitet.
Die Touren 2 sowie 5, 6 und 7 nutzen Teile dieses attraktiven und lehrreichen Geschmackspfades durch Wiesen, Wald und Moor. Zwischen Bad Oldesloe und Blumendorf läuft der Radweg nicht auf der alten Bahntrasse, sondern neben dem noch genutzten Gleis der Güterbahn. Von dem hier auf dem Geesthang hoch gelegenen Weg hat man eine beeindruckende Fernsicht ins Tal der Beste.
Auf dem EBOE-Streckenabschnitt von Henstedt-Ulzburg bis Elmshorn wird seit 1992 wieder Personenverkehr von der AKN betrieben.
Die Spuren des Kaisers
Die bis 1976 bestehende Bahnlinie von Bad Oldesloe über Trittau nach Schwarzenbek (2) wurde als erste der drei stillgelegten Bahnlinien 1887 eingeweiht. Diese Linie war Teil der Verbindung zwischen Berlin und Kiel, die selbst der schifffahrtsbegeisterte Kaiser Wilhelm II als Anfahrtsweg zum Kieler Marinehafen und zur Kieler Woche gerne nutzte.
Auf dem jüngsten Radwanderweg auf ältester Trasse führen abschnittsweise die Touren 7, 8,13, 14, 17 und 19 entlang. Die Strecke verläuft bei Bad Oldesloe sowie zwischen Grönwohld und Trittau teilweise auf hoch gelegenen Bahndämmen, die wie Deiche in der hügeligen Landschaft liegen und viele herrliche Aussichten eröffnen.
Ehemals bedeutende Stationen waren neben Bad Oldesloe auch Barkhorst, Mollhagen und Dwerkaten. In Barkhorst sind beispielsweise noch verschiedene über 100-jährige Getreidesilos und Lagerhäuser mit nostalgischem Reiz zu finden, die einst die Güter der Bahn aufnahmen.
Die Bahnhofsstraße und der ehemalige Bahnhof in Dwerkaten erinnern daran, dass der Ort an der Grenze zum benachbarten Herzogtum Lauenburg mit seiner erhaltenen dänischen Zoll- und Poststation von 1838 einst auch als Bahnstation Bedeutung hatte. Kurz vor Trittau trifft diese Bahntrasse auf die von Glinde kommende ehemalige Bahnlinie der Südstormarnschen Kreisbahn.
In die Stormarnsche Schweiz
Die Südstormarnsche Kreisbahn von Trittau nach Glinde (3) war von 1907 bis 1952 in Betrieb. Groß war der Jubel bei der feierlichen Eröffnung der Linie am 17.12.1907. Jeder der an der Bahnstrecke liegenden Orte hatte damals einen Gesangsverein und eine Blaskapelle an seiner Station postiert und den Bahnhof festlich geschmückt.
Bei einigen Bahnhöfen befanden sich auch Gasthöfe, wie der über 100 Jahre alte Landgasthof »Stormarnsche Schweiz« in Grönwohld, auch als Büttenwarder (Tour 19) bekannt, der noch heute mit seinem Kaffeegarten besuchenswert ist.
Grönwohld war einst eine der attraktivsten Stationen auf der Strecke, denn die romantische, wald- und seenreiche »Stormarnsche Schweiz« um Großensee, Mönchsteich und Lütjensee sowie Trittau waren schon damals als Ausflugsgebiete beliebt.
Als auf Grund des zunehmenden Kraftfahrzeugverkehrs die Bahnstrecke unrentabel geworden war, wurden an einigen Bahnhöfen bei der letzten Zugfahrt als Zeichen der Trauer sogar schwarze Fahnen gehisst. Bereits ab 1956/59 fand die alte Bahntrasse als einer der schönsten Wege für Radler jedoch eine Wiederbelebung. Die Touren 16, 17,18, 19, 20 und 21 nutzen Teilstücke davon.
Bahngeschichte zum Anfassen
Die Loks, Waggons und Schienen der alten Südstormarnschen Kreisbahn sollen 1952 komplett nach Südafrika verkauft worden sein. Im Lokschuppen mit Eisenbahnmuseum in Aumühle (4), von Glinde über Tour 21 erreichbar, können jedoch ähnliche alte Bahnen betrachtet werden.
Zur Öffnungszeit an Sonntagen (11–17 Uhr) ist dort auch die Fahrt mit einer Hebeldraisine ein Erlebnis. Das ebenfalls ehrenamtlich betriebene Kleinbahn-Museum Wohldorf (5) unweit der Touren 5 und 11 zeigt Fotos, Landkarten, Fahrscheine, Fahrpläne und sonstige Dokumente sowie eine Modellanlage der ehemaligen elektrisch betriebenen Kleinbahn Altrahlstedt – Volksdorf – Wohldorf, deren stillgelegter Streckenabschnitt von Ohlstedt nach Wohldorf heute ein Wanderweg durch den Wohldorfer Wald ist.