Das adlige Gut Grabau
Wie ein schottisches Gespensterschloss könnte das Herrenhaus in Grabau anmuten. Es entstand zwischen 1906 und 1908 im Auftrag des damaligen Besitzers Gustav Lahusen.
Gruselschloss am Häuptlingsgrab
Düstere Fassade, verlassene Säle - das Grabauer Herrenhaus kann etwas unheimlich anmuten. Doch einst war es prall mit Leben gefüllt.
Grabau - Schwere tiefrote Vorhänge hängen noch an den Fenstern, nur ein paar Stühle stehen verloren in den riesigen verlassenen Sälen. Im Geiste hört man die Tanzschritte und die Konversation einer noblen Gesellschaft verklingen. Es ist, als befände man sich mitten in einem Gespensterfilm oder Gruselkrimi. Und tatsächlich wurden noch vor Kurzem solche Filme gedreht im Grabauer Herrenhaus. Doch die seien nie fertig geworden, meint Ahmed Al-Talkani, die Filmgesellschaft sei pleite gegangen.
Der über 60-jährige Iraker aus Bagdad lebt seit 1980 in Deutschland und hat 1999 das Herrenhaus gekauft. Bis zum Jahresende 2004 möchte er es herrichten und selbst darin wohnen, aber auch für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten vermieten.
Das Mosaik einer Frau am Eingang ist von römischen Vorbildern inspiriert.
Steinzeitliche Hügelgräber, eines davon im Volksmund "Häuptlingsgrab" genannt, liegen auf den gutseigenen Feldern. Alte Siedlungsreste und Hausgerät aus vorgeschichtlicher Zeit wurden dort gefunden. Der Name Grabau hat allerdings nichts mit einem Graben zu tun, er bezeichnet auf wendisch die Hainbuche.
Im späten Mittelalter gehörte das Dorf Grabau zum Gut Borstel (heute Kreis Segeberg) unter den Rittern von Hummersbüttel und später den nicht minder mächtigen Buchwaldt, die uns schon bei Jersbek begegnet waren. Streitigkeiten über Verkehrswege prägten seit jeher den Ort, insbesondere die Alsterschifffahrt mit ihren Zuwegen. Ab 1525 wurde der Alster-Beste-Kanal gebaut, und vier Jahre später fuhren darauf bereits warenbeladene Schiffe zwischen Hamburg und Lübeck. Immer wieder ist von Prozessen und auch Gewalttätigkeiten die Rede. Diese, aber auch fehlendes Wasser auf dem Scheitel des Kanals im Nienwohlder Moor, führten dazu, dass der Kanal bereits 1550 geschlossen wurde.
Im 16. Jahrhundert richtete man in Grabau einen Meierhof ein. Besonders die Käseherstellung wurde intensiviert, holländische Fachleute auf das Gut geholt. Die von ihnen neu eingerichteten Betriebe nannte man "Holländereien". 1802 wurde Grabau von Borstel gelöst und 1806 selbständiges adliges Gut. Sein Wert war hoch, wohlhabende Kaufleute spekulierten gern mit Gütern an der Handelsstraße. Die Besitzer von Grabau wechselten entsprechend häufig in der Folgezeit. Zwischen 1861 und 1906 allerdings konstant im Besitz der Familie Wehber, kam es darauf an den Bremer Großgrundbesitzer Gustav Lahusen. Er war es, der bis 1908 das heutige schlossartige Herrenhaus durch den Berliner Architekten Hermann Werle bauen ließ, sowie 1923 für seine jung verstorbene Tochter Daisy eine Grabkapelle, die nach dem Krieg Orts- und Friedhofskapelle wurde.
Das Echo gutsherrlicher Zeiten verhallt im verlassenen großen Saal des Herrenhauses, in dem vor Kurzem Filme gedreht wurden. Bald sollen hier wieder Feierlichkeiten stattfinden können.
Weithin beliebt war das Erntefest, wie es in Grabau um 1900 gefeiert wurde. Die Bauern fuhren den geschmückten Erntewagen vor und überreichten den Herrschaften die geflochtene Erntekrone mit Segenssprüchen. Dann gab es in der Diele Erntebier, Essen und Tanz. Ein Schuhmacher aus Alvesleben, weit über 60, soll oft den sechs Stunden weiten Weg gemacht haben, die Nacht über getanzt haben und wieder zu Fuß zurück gegangen sein.
1932 verkaufte Familie Lahusen das Gut an den Margarinefabrikanten Friedrich Bölck, der auch Trenthorst, Borstel und andere Güter in seinen Besitz überführen konnte. Der verkaufte es 1936 an die Wehrmacht, das Oberkommando des Heeres wurde Hausherr. Jetzt hatten Militärbeamte das Sagen. Die meisten Arbeiter des Gutes wurden zwar übernommen, jedoch wertvolle Möbel an Offizierskasinos abgegeben. In neu errichteten Gebäuden brachte man bis zu 1000 "Remonten" (Heeres-Pferde) unter. Im Krieg wurden schließlich russische Kriegsgefangene als Wald- und Landarbeiter eingesetzt. Nach Grabau treckte das gesamte ostpreußische Remonte-Gut "Liesken" mitsamt seinen Pferden und Mitarbeitern einschließlich deren Familien. Nach dem Krieg wurden die Pferde wieder zurück geführt.
Von 1951 bis 1966 beherbergte das Haus ein Landjugendheim, bis 1967 Dobimar von Kameke das Gut kaufte. Er starb 1985, seine Familie betreibt bis heute ein Pferdegestüt und wohnt im alten Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert.
Die goldene Wiege fuhr zum Teufel
Eine Sage rankt sich um das "Häuptlingsgrab" in Grabau, wie sie in ähnlicher Form an vielen Orten verbreitet ist: Ein Schatz soll dort unter einer alten Kiefer vergraben sein, der nur in einer Vollmondnacht zwischen Mitternacht und ein Uhr geborgen werden kann, und auch nur, wenn kein Wort dabei gesprochen wird. Im Fall Grabau soll es sich bei dem Schatz um eine goldene Wiege handeln, die wohl einst einem Häuptlingssohn den Schlaf versüßt hatte. Die Geschichte verläuft, wie es nicht anders sein kann: Drei Burschen machen sich zu besagter Stunde an die Arbeit, roden die Kiefer, graben und finden die goldene Wiege. Als sie sie mit Stricken hoch ziehen, verfängt sie sich in der Kiefernwurzel und dem einen Burschen entfährt der Satz "Wat is de swor" (Was ist die schwer). Mit Blitz, Donner und Schwefelgeruch verschwindet die Wiege auf Nimmerwiedersehen. Die Burschen gehen leer aus, kommen aber mit dem Schrecken davon. In anderen Varianten dieses Sagenmotives geht es schlimmer für sie aus.