Die adlige Güter Trenthorst und Wulmenau
Das Herrenhaus in Trenthorst wurde zwischen 1911 und 1914 im Stil der wilhelminischen Zeit erneuert.
Öko-Forscher als Großgrundbesitzer
Ihr Landbesitz machte früher die Adligen reich. Heute dient eines dieser Güter einem anderen Zweck: Im Herrenhaus Trenthorst forscht das "Institut für ökologischen Landbau"
Westerau-Trenthorst - Können Schweine oder Hühner auch von Klee, Lupinen oder Wicken ausreichend satt werden? Die Frage wird spätestens dann interessant, wenn Kraftfutter zu wertvoll für Tiere ist. Schon jetzt forschen dazu die Mitarbeiter des "Instituts für ökologischen Landbau" in Trenthorst. 660 Hektar Land stehen ihnen zur Verfügung. Das ist eine ganze Menge, und dennoch nur etwa die Hälfte der Fläche, die früher einmal zum Gut gehörte.
Der offene Kamin im Foyer wird heute nicht mehr befeuert, die Tabakspfeife von Wolfgang Müller, dem Leiter der Institutsverwaltung, hingegen schon ab und zu.
"Wir beraten die Politik", erklärt Institutsleiter Dr. Gerold Rahmann, "wir werden bei Gesetzesentwürfen befragt und geben Empfehlungen." Auch die Qualität von Produkten aus ökologischem Anbau wird im Institut untersucht. Vor allem aber beschäftigen sich die Wissenschaftler im Rahmen der Vorsorgeforschung mit Themen, die vielleicht in zehn oder 20 Jahren akut werden könnten. Zur Zeit erproben sie einen Hof, der seine Energie ausschließlich selbst erzeugt. Außerdem werden alte Nutztier-Rassen auf Züchtungstauglichkeit geprüft. Besonderes Augenmerk gilt dem Mischfrucht-Anbau: Im Garten kann man ja problemlos gemischt säen, aber auf dem Acker? Wie ist zu vermeiden, dass die Maschine für die Ernte der einen Frucht die andere zerstört?
Und natürlich geht es auch um Geld: Bisher wird bei Mischanbau nur die jeweils niedrigere Subvention für beide Arten gewährt, im ungünstigen Fall gar keine. Die Ergebnisse aus Trenthorst könnten jedoch in neue Gesetze einfließen. Zunächst einmal erforscht man nur zwei Kulturarten auf einem Feld, zum Beispiel Leindotter und Erbse. Derzeit laufen insgesamt 37 verschiedene Projekte, betreut von 70 Mitarbeitern.
Aus den Fenstern im Wintergarten hat wohl manchmal der Fabrikant Friedrich Bölck geblickt und dabei über Margarine nachgedacht. Heute denkt man hier über ökologischen Landbau nach.
Das Forschungsinstitut, das seine Verwaltung im Trenthorster Herrenhaus untergebracht hat, ist nicht das erste auf dem Platz. 1955 kaufte die Max-Planck-Gesellschaft das Gut, zog sich aber 1975 aus der landwirtschaftlichen Forschung zurück. Das Gut wurde Bundeseigentum, zunächst als "Institut für Tierzucht und Tierverhalten" - ebenso wie sein heutiger Nachfolger eine Einrichtung der Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft (FAL), die dem Ministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft unterstellt ist. "Ministerin Renate Künast ist unsere Chefin", bringt es Rahmann auf den Punkt.
Der Name Trenthorst weist auf ein Gestrüpp oder Gehölz ("Horst") hin, Trent ist wohl ein slawischer Eigenname. 1372 verkaufte ein Ritter von Wesenberg dieses Dorf an den Lübecker Domherren Johannes Boytin. Von da an sollte sein Geschick lange Zeit mit der Hansestadt verknüpft bleiben. Zunächst blieb es im Besitz des Lübecker Domkapitels. 1529 machte der dänische König Friedrich I. Trenthorst zum adligen Gut und verlehnte es an seinen Sekretär, doch der verkaufte es bald wiederum an eine Lübecker Patrizierfamilie. Seit 1555 haben die Güter Trenthorst und Wulmenau stets gemeinsame Besitzer.
Ein freundlich blickender Nachtwächter empfängt den Besucher am Aufgang der großen Freitreppe.
1754 kauften die Hamburger Kaufleute Joachim Clasen und Johann Joachim Nöhring das Gut. Hauslehrer im Hause Clasen war der Dichter Friedrich Ernst Schönborn, ein Freund von Matthias Claudius und Friedrich Klopstock. Ein weiterer "Feingeist" hielt Einzug in Trenthorst: Carl Friedrich von Rumohr, zweiter Sohn des seit 1778 neuen Besitzers Henning von Rumohr. Er war ein bedeutender Kunsthistoriker und Maler und schrieb unter anderem ein Buch "Geist der Kochkunst". Befreundete Hamburger Maler nutzten das Gut häufig als Motiv.
Weiter vererbt wurde es von seinem älteren Bruder Henning Heinrich, dessen Schwiegerfamilie Poel behielt es bis 1911. Der folgende Besitzer, Kommerzienrat F. Thörl, erneuerte bis 1914 das Herrenhaus komplett im Stil der wilhelminischen Zeit. Architekt war Wilhelm Eduard Heubel, ein Freund seines Sohnes. Grundmauern aus dem frühen 17. Jahrhundert sind noch im heutigen Bau enthalten.
Auch das Torhaus und die Wirtschaftsgebäude, die derzeit als Labors und Arbeitsräume des Instituts renoviert werden, stammen aus der Zeit um 1911.
Im "roten Salon", wo heute Wissenschaftler tagen, traf sich in den 30er-Jahren die verbotene "Deutsche Friedensgesellschaft".
1928 kaufte das Gut der Bad Oldesloer Margarinefabrikant Friedrich Bölck, der auch Grabau und Borstel besaß. Mit seinem Rabattsystem war er sehr erfolgreich. Glasfenster im Foyer des Herrenhauses zeigen Szenen der Margarineherstellung. Der sozial engagierte Mann errichtete Kinderheime und stellte sein Herrenhaus der von den Nazis verbotenen "Deutschen Friedensgesellschaft" als Tagungsstätte zur Verfügung. Zu diesem Kreis gehörte auch der Reinfelder General Paul von Schoenaich.
1936 kaufte die Familie Reemtsma das Gut und machte es zu einem landwirtschaftlichen Spitzenbetrieb. Nach einer Aufsiedelung im Zuge der Bodenreform übernahm es 1955 die Max-Planck-Gesellschaft mit einer Restfläche von gut 600 Hektar.
Das adlige Gut Wulmenau
"Romeo" will für Nachwuchs bei einer alten Ziegenrasse sorgen. Stolz lässt sich der Zuchtbock von den Auszubildenden Katharina Klann und Kaja Gilbert (rechts) auf dem Hof in Wulmenau vorführen. Die historischen Wirtschaftsgenbäude werden für den Institutsbetrieb genutzt.
450 Jahre im Doppelpack
Die beiden „Lübschen Güter“ Trenthorst und Wulmenau teilen seit 1555 ein gemeinsames Schicksal.
Westerau-Wulmenau - Ob sich der Ortsname Wulmenau vom Wolf her leitet oder vielleicht ein Gewässername ist (wulmen oder wullen bedeutet mittelniederdeutsch "wallen"), darüber streiten sich die Gelehrten. 1300 erscheint das Dorf zum ersten Mal in den Dokumenten, als es der Lübecker Ratsherr Crispin kaufte, danach war es im Besitz verschiedener Lübecker Patrizierfamilien und wurde zum adligen Gut.
Das Schicksal der Güter Trenthorst und Wulmenau vereinigte sich auf folgende Weise: 1532 heiratete der Grobschmied Marx Meyer aus Hamburg, ein Abenteurer und Söldnerführer, die Witwe des Vorbesitzers von Trenthorst. Marx Meyer wurde im Zuge seiner Söldner-Geschäfte hingerichtet. Seine Tochter Dorothea heiratete 1555 den Lübecker Ratsherren Franz von Stiten, der Besitzer von Wulmenau und Ahrensfelde war. Von da an bis heute blieben Trenthorst und Wulmenau in einer Hand. Meist wurde Wulmenau als Vorwerk genutzt.
Beide gehören zu den so genannten "Lübschen Gütern". Auf ihnen herrschte nicht Landesrecht, sondern Lübsches Recht, dafür genossen sie den Schutz der Hansestadt. Die Bindung war dementsprechend eng. Besitzer Gottschalk von Stiten verpflichtete sich beispielsweise, das Gut niemals an einen anderen "als den ehrbaren Rat oder Bürger der Stadt Lübeck" zu verpfänden oder verkaufen. Doch 1666 sagten sich zehn solcher Güter, auch Trenthorst und Wulmenau, von Lübeck los und begaben sich unter den Schutz des dänischen Königs. Allerdings hielt die alte Lübecker Ratsfamilie Wetken den Besitz auf Trenthorst-Wulmenau noch weiter. Das Herrenhaus in Wulmenau steht heute nicht mehr. Die Wirtschaftsgebäude aus der Gründerzeit werden vom Institut für ökologischen Landbau genutzt.
Arme Landarbeiter: Karger Lohn, teures Brot
Das Torhaus in Trenthorst aus der Zeit um 1911 wird gerade renoviert und für Labors und Arbeitsräume der Instituts- Wissenschaftler ausgebaut. Landwirt Matthias Kraus freut sich schon auf die Erweiterung der Räume.
Die adligen Gutsbesitzer in der Renaissance waren oft unermesslich reich. denn Grundbesitz war eine reine Goldgrube. Zwischen Reformation und 30-jährigem Krieg war die Nahrungsmittelproduktion eine ergiebige Einnahmequelle. Die Getreidepreise stiegen ständig aufgrund von Missernten, Viehseuchen und dem Wachstum der Bevölkerung in ganz Europa. Die Löhne blieben hingegen annähernd gleich. Ein Knecht des Klosters Preetz bekam für seinen unveränderten Lohn am Ende des 16. Jahrhunderts etwa ein Viertel der Menge Roggen wie an dessen Beginn. Kein Wunder, dass die Adligen oft als "Bauernschinder" verflucht wurden. Ernsthafte Unruhen gab es im Norden allerdings nicht.
Noch mehr als durch Kornverkauf, nämlich etwa doppelt so hoch, fielen in dieser Zeit die Einnahmen durch Schweine- und Ochsenmast aus. Dies ist ersichtlich an einem Bericht über das Gut Rantzau im Jahr 1598. Auch waren die Bauern gezwungen, viele Pferde zu halten - für Repräsentationszwecke, als Zugtiere für Hand- und Spanndienste sowie für den Transport auf den immer größer angelegten Gütern. Diese Pferde trugen nichts zur Nahrungsmittelproduktion bei, nicht mal ihr Dung war gut zu verwerten. Die Milchwirtschaft - ab dem 17. Jahrhundert Haupteinnahmequelle - war hingegen Ende des 16. Jahrhunderts noch unbedeutend. Selbst die Fischzucht brachte da noch mehr ein als diese.