Fahrdienst für Menschen mit Behinderung auf neuen Wegen
Ein Kinobesuch in Hamburg? Ein Ausflug in die Hahnheide? Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität, die aufgrund einer Behinderung keine öffentlichen Verkehrsmittel, Taxen oder private Fahrzeuge benutzen können, keine Selbstverständlichkeit. Um diesem Personenkreis dennoch eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unter den damals sehr eingeschränkten Bedingungen zu ermöglichen, richtete der Kreis Stormarn 1980 einen Fahrdienst für Menschen mit Behinderung ein.
Fahrten zum Arzt, Arbeitsplatz, zur Ausbildungsstätte oder zur Schule sind ausgeschlossen. Ein Rechtsanspruch darauf besteht nicht.
In den letzten Jahren haben sich jedoch die Rahmenbedingungen für Menschen mit Behinderungen nicht zuletzt durch die UN-Behindertenrechtskonvention, Gesetzesänderungen und die Auswirkungen durch die Verbesserungen im öffentlichen Personennahverkehr positiv verändert. Inzwischen gibt es behindertengerechte Zugänge zu Bahnhöfen, Niederflurbusse, Busbegleitservice, rollstuhlgerechte Taxis, vielfältige Umbauten an privaten PKW und andere Hilfsmittel wie z. B. E-Scooter.
Seit Jahren diskutieren die Mitglieder des Sozial- und Gesundheitsausschusses des Kreises Stormarn (SGA), ob das Angebot des Fahrdienstes für Menschen mit Behinderung in der angebotenen Form noch zeitgemäß ist.
Die Zahl der berechtigten Personen mit Wohnsitz im Kreis Stormarn sinkt seit Jahren kontinuierlich. Derzeit wird der Fahrdienst nur von wenigen Menschen mit Behinderung, die nicht in einer Rehabilitations-, Pflege- oder Eingliederungseinrichtung untergebracht sind und betreut werden, in Anspruch genommen.
Weder eine Flyer-Aktion noch Informationsveranstaltungen, auch unterstützt durch den Pflegestützpunkt Stormarn, führten zu einer Erhöhung der Nachfrage oder Fallzahlsteigerung bei den Nutzern. Es gelang den Kreispolitikern in intensiven Gesprächsrunden auch unter Beteiligung des Kreisbehindertenbeauftragten in der Vergangenheit nicht, eine verbesserte Version des Fahrdienstes zu entwickeln.
Mittlerweile übersteigt die Zahl der Leerfahrten ohne Personenbeförderung die Zahl der Transporte erheblich.
„Ein unverhältnismäßig hoher finanzieller Aufwand für eine relativ kleine Zielgruppe“, befand der SGA und tat sich schwer mit der Entscheidung, die Richtlinien über den Fahrdienst für Menschen mit Behinderung aufzuheben, auch unter dem Aspekt, dass der Vorwurf entstehen könnte, sich hier auf Kosten der gehandicapten Menschen gesund sparen zu wollen. SGA-Vorsitzende Margot Sinning: „Wir sind uns einig: Keine Haushaltssanierung auf Kosten von Menschen mit Behinderung“.
Der Beschluss beinhaltet, dass die bisher verwendeten Mittel mit Sperrvermerk im Haushalt 2017 bestehen bleiben und nicht eingespart werden.
Somit läuft der Fahrdienst in seiner bisherigen Form zum Jahresende 2016 aus.
Die bisherigen Nutzerinnen und Nutzer werden von der Verwaltung schriftlich über das weitere Verfahren informiert.
Die Verwaltung wurde beauftragt, im Frühjahr 2017 einen entsprechenden Workshop mit Behindertenvereinen und –verbänden in Zusammenarbeit mit dem Kreisbehindertenbeauftragten zu initiieren, um den tatsächlichen Mobilitätsbedarf für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermitteln.
Dazu sind alle Betroffenen aufgerufen, sich an ihre Behindertenvertretungen und –verbände vor Ort zu wenden und dort ihre Anregungen zu einer bedarfsorientierten Lösung zu formulieren.