Tatort Stormarn - Teil 7: Die Mörder gingen zum Maskenball
Im Kreisarchiv Stormarn schlummern interessante Kriminalfälle der Vergangenheit, die in Zeitungsartikeln und Fotos dokumentiert sind. Sie bilden die Grundlage für die folgende Serie. Von Betrug bis Mord ist alles dabei.
Tatort Stormarn: Die Mörder gingen zum Maskenball
Die Mörder klingelten an der Haustür: Am 1. Februar 1952 brachten zwei junge Männer den Schmalenbecker Kaufmann Hans Lottermoser mit mehreren Hammerschlägen auf den Kopf um. Seine Frau wurde schwer verletzt, ihre Schwester mit der Waffe bedroht.
Die Täter flüchteten mit 700 DM aus der Ladenkasse und mehreren Flaschen Schnaps. Damit fuhren sie, wie sich später herausstellte, nach St. Pauli, um zu feiern, und besuchten einen Ahrensburger Maskenball. Das Kreisarchiv Stormarn hat die Tageszeitungen archiviert, die ausführlich über die Bluttat berichtet haben.
Drei Wochen später wurden die beiden Mörder verhaftet. ,,Die Mörder von Schmalenbeck sind gefaßt!" Dieses Gerücht verbreitete sich mit Windeseile am Freitag in Ahrensburg. Auf die Frage, wer es sei, war nur zu hören: Es sollen Ahrensburger Jungen sein“, schrieb das „Stormarner Tageblatt“ am 23. Februar 1952.
Einer der beiden war bei der Polizei kein Unbekannter: Er war gerade aus der Haft entlassen worden, wo er erst eine Strafe wegen Körperverletzung und dann eine zweite wegen eines Ausbruchsversuchs abgesessen hatte, bei der ein Aufseher erheblich verletzt worden war. Der andere Mann war bei der Tat 21 Jahre alt und in Polen aufgewachsen.
Beim Graben einen Revolver gefunden
Nach seiner Ausweisung nach Ahrensburg fand er beim Graben einen Revolver. „Die Munition hat er nach seinen Angaben selbst angefertigt, und zwar goß er sich die Geschosse aus Blei, während er für die Hülsen Teile eines Schußapparates für Tiertötungen benutzte“, schreibt das „Stormarner Tageblatt“.
Western und Kriminalgeschichten seien sein Lieblingsthema gewesen. Die beiden Täter hatten einander auf dem Arbeitsamt kennen gelernt und wollten „ein Ding drehen“, so die „Lübecker Nachrichten“.
Die Tat war vorher genau geplant. Im September gab es im Rahmen der Gerichtsverhandlung einen Ortstermin, bei dem die Überlebenden und die beiden Täter, die ein Geständnis abgelegt hatten, den Tathergang nachstellten.
Demnach hatten sie abends an der Haustür geklingelt. „Als Frau Lottermoser gerade fragen wollte, was die Kunden denn wünschten, schlug Krause auch schon mit einem Coltrevolver Frau L. nieder. Deren Hilferufe versuchte er mit Würgen zu unterbinden“, hält der Zeitungsbericht fest.
Als durch den Lärm alarmiert Hans Lottermoser und die Schwester seiner Frau hinzu kamen, griff der Jüngere der beiden nach einem herumliegenden Hammer und erschlug den Kaufmann, wohl weil dieser zum Telefon laufen wollte.
Erst nach einer Nacht die Polizei alarmiert
„Die Schwester von Frau L. mußte im Korridor niederknien. Sie machten ihr mit einem Küchenmesser und dem Coltrevolver Angst, damit sie keine Hilfe herbeiriefe. Da die Frau seelisch zusammenbrach, hatte diese Drohung auch die gewünschte Wirkung.
Bis morgens um 8 Uhr verhielten sich die beiden Frauen still im Hause und sorgten dann erst für die Alarmierung der Polizei“, ergab die Zeugenaussage. Das Telefonkabel hatten die Täter durchgeschnitten. Dann gingen sie feiern.
„Die Mörder feierten in St. Pauli“, titelte das „Stormarner Tageblatt“ und spricht von „Kaltschnäuzigkeit“: „In Nachtlokalen, Imbißstuben und Schießbuden spielten sie den großen Mann und verjubelten den größten Teil des Geldes.
Auch die schon erwähnte Teilnahme an einer Maskerade am nächsten Abend in Ahrensburg ist bezeichnend“, urteilte der Reporter damals. Auch von einem Bordell-Besuch wird an anderer Stelle berichtet.
„Lebenslänglich Zuchthaus und Ehrverlust auf Lebenszeit“ wegen Mordes und schweren Raubüberfalls lautete im September das Urteil des Lübecker Schwurgerichts für beide Angeklagten, die als Täter und Mittäter gleichermaßen schuldig seien.
„(Einer der Täter) bat aus eigenem Antrieb mehrfach für sich um die Todesstrafe“, schrieb die Zeitung. Die beiden Verteidiger kündigten Revision an: Sein Mandant habe den Mord nicht begangen, sondern lediglich die Frauen bedroht, so der eine. Der andere sieht eher den Tatvorwurf des Totschlags statt des Mordes gegeben.
Wie das Revisionsverfahren ausging, ist im Archiv nicht belegt.
Komplizierter Polizeiruf in der Kritik
Darüberhinaus stieß das Verbrechen eine öffentliche Diskussion darüber an, ob der Notruf der Ahrensburger Polizeiwache zeitgemäß sei. Denn die Polizei Ahrensburg hatte nicht wie in Großstädten eine kurze Kenn-Nummer.
Es „muß aus Erfahrung angenommen werden, daß nur die wenigsten Fernsprechteilnehmer die nicht leicht zu merkende Rufnummer der Polizeiabteilung 2974 kennen“, beschrieb die Zeitung das Dilemma. „Bevor jedoch diese Telefonnummer aus dem Personenbuch herausgesucht und gewählt worden ist, vergehen wertvolle Minuten.“