Tatort Stormarn - Teil 8: Ein Streichholz zerstörte des Sachsenwald-Theater
Im Kreisarchiv Stormarn schlummern interessante Kriminalfälle der Vergangenheit, die in Zeitungsartikeln und Fotos dokumentiert sind. Sie bilden die Grundlage für die folgende Serie. Von Betrug bis Mord ist alles dabei. Heute der letzte Teil der Serie.
Tatort Stormarn: Ein Streichholz zerstörte des Sachsenwald-Theater
„Zwei junge Burschen leuchteten im dunklen Bühnenhaus mit Streichhölzern“ fassten die „Lübecker Nachrichten“ am 28. November 1970 einen Brand zusammen, der einen Monat zuvor das Sachsenwald-Theater in Reinbek in Schutt und Asche gelegt hatte.
Menschen kamen dabei nicht zu Schaden, doch der Sachschaden wurde auf eine halbe Million Mark beziffert. Reinbek war traumatisiert – zumal damit der einzige Veranstaltungssaal der Stadt nicht mehr existierte.
„Das Feuer vernichtete den Theatersaal mit 380 Plätzen, die in einem Anbau untergebrachten Räume des Stadtbauamtes mit einem großen Teil der Tiefbauakten, die „Taverne", eine Gaststätte in dem Theaterbau und die Garderoben.
Der Hausmeister mit Frau und drei Kindern wurde obdachlos“, berichtete die Zeitung, die im Kreisarchiv Stormarn vorliegt. Mehrere Fotos aus dem Archivbestand zeigen das Ausmaß der Schäden. Zudem hätten in der Folge Gastspiel-Verträge im Wert von 150 000 Mark abgesagt werden müssen.
Der Täter verriet sich selbst
Als Brandursache wurde zunächst eine Lampe vermutet. „Der Plastikkorb war an einem Holzträger angebracht, der angekohlt war. Nach Versuchen schied diese Lampe jedoch aus“, berichteten die Zeitungen 1971 aus dem Gerichtsverfahren. Doch bald stellte sich heraus, dass ein junger Mann für das Feuer verantwortlich war.
Die Wahrheit kam ans Licht, weil er den Mund nicht hatte halten können: „Später verriet sich der Angeklagte selbst, als er unter Alkoholeinfluß Andeutungen über die wahre Ursache gab. Das hörte ein Zeuge und gab der Kriminalpolizei einen Tip.“
Vor Gericht - der junge Mann musste sich vor dem Jugendschöffengericht Schwarzenbek verantworten - stellte sich der Tathergang folgendermaßen dar: Laut Zeitungen im Kreisarchiv waren zwei junge Männer – der Täter war damals 19 Jahre alt, sein Bekannter 18 Jahre - mit zwei 16-jährigen Mädchen in das Sachsenwald-Theater gelangt, nachdem sie zuvor eine Tür aufgebrochen hatten, die als Notausgang diente.
Auf der dunklen Bühne sorgte der Angeklagte mit Streichhölzern für Licht, die er anschließend achtlos wegwarf. Durch ein Hölzchen entstand ein Glimmbrand. „Obwohl der 20jährige das bemerkte, sich in dem Bau genau auskannte und selbst freiwilliger Feuerwehrmann ist, ließ er zunächst die anderen jungen Leute durch eine Hintertür ins Freie. Die Zugluft fachte den Brand an, der Vorhang fing Feuer“, schreibt der Reporter.
Unersetzliche Erstausgaben verbrannt
Statt Hilfe zu holen und mit Löscharbeiten zu beginnen, versuchte der junge Mann zunächst, den Brand mit den Händen zu ersticken. Als das nicht gelang, lief er weg und setzte sich in eine nahe Gaststätte. „Erst später meldete er sich als Feuerwehrmann zur Stelle“, so der Berichterstatter.
Doch da war das Feuer nicht mehr aufzuhalten, der Bau brannte vollkommen ab. „Außer dem Theatersaal mit Foyer und Garderobe waren auch viele Unterlagen des in Nebenräumen untergebrachten Stadtbauamtes und der Lagerkeller eines Reinbeker Verlages mit zum Teil unersetzlichen Erstausgaben vernichtet worden“, lautete die Schadensbilanz.
„Die Vorhalle des Reinbeker Rathauses glich einer Brandstelle und so roch es auch. Stapelweise wurden dort die halbverbrannten und durchnäßten Akten des Stadtbauamts abgelegt“, beschrieb ein Reporter die Szene. „Manche Einwohner standen mit Tränen in den Augen an der Brandstelle. Sie hatten sich, wie die Stadtverwaltung wußte, zum Teil seit zwei Jahren um ein Abonnement bemüht und waren endlich an die Reihe gekommen.“
Tragisches Ende
Wegen fahrlässiger Brandstiftung und vorsätzlicher Körperverletzung – der Angeklagte hatte im Frühjahr einen anderen jungen Mann zusammengeschlagen – lautete das Urteil des Schwarzenbeker Gerichts auf zehn Monate Haft, die zur Bewährung ausgesetzt wurden.
Dazu erhielt der Verurteilte die Auflage, ein Jahr lang keinen Alkohol zu trinken, und er bekam einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt.
Ein Zivilgericht verurteilte den Mann später zusätzlich dazu, 500 000 Mark Schadenersatz zu leisten, weil er den Brand schuldhaft verursacht habe. Doch zu einer Zahlung kam es nicht mehr: Im August 1974 verunglückte der Mann tödlich mit seinem Kleinmotorrad.