Archive als Hüter der Wahrheit für die Demokratie
Vor der Bundestagswahl häufen sich Warnungen, dass über Fake News Einfluss auf die Stimmvergabe genommen wird. Hier ist das Kreisarchiv Stormarn ein wichtiger Anker: Es sammelt die objektiven Fakten und macht sie für die Öffentlichkeit einsehbar.
Bad Oldesloe. Trumps Mär vom Wahlbetrug oder die Geschichte, Bill Gates hätte das Corona-Virus im Labor gezüchtet, sind Beispiele für Fake News, die schnell Verbreitung gefunden haben. Insbesondere die sozialen Netzwerke tragen aktuell dazu bei, Falschinformationen weit zu streuen. Kurz vor der Bundestagswahl ist das von besonderer Brisanz. Hier kann sich das Kreisarchiv Stormarn auf seine Rolle als Hüter der Quellen berufen.
„Wir sehen, dass es inzwischen auch in Demokratien zunehmend Narrative gibt, wo alternative Fakten als Wahrheit angeboten werden“, erklärt Stefan Watzlawzik, der in Stormarn das Kreisarchiv leitet. „Die allererste Aufgabe öffentlicher Archive in Deutschland ist der Schutz des Rechtsstaats durch Transparenz“, erklärt Watzlawzik. „Mit den Unterlagen, die hier lagern, sind die Entscheidungen der Kommunalpolitik und deren Umsetzung durch die Verwaltung objektiv belegt und nachvollziehbar. Archive sind die Orte des Faktenchecks.“
Wahlplakate aus sechs Jahrzehnten
Dokumentiert werden unter anderem die Wahlen in Stormarn – im Kreisarchiv lagern über 450 Wahlplakate aus 60 Jahren. Aktuell fragt Christoph Schlenther, studentische Hilfskraft im Kreisarchiv, die Stormarner Kandidaten nach Plakaten und Flyern. „Interessant sind die Slogans; anhand des Materials ist beispielsweise überprüfbar, ob sich Kandidaten an ihre Wahlversprechen gehalten haben“, sagt er. Die Gestaltung der Plakate zeige die zeitliche Entwicklung und worauf im Wahlkampf Wert gelegt wird. „Mal gibt es eine Abgrenzung zu anderen, mal soll Kompetenz vermittelt werden – man findet ganz unterschiedliche Ansätze.“
Messwerte nach Tschernobyl
Im Kreisarchiv nachprüfbar sind auch ganz andere Fakten: Als 1986 nach dem Unglück in Tschernobyl eine radioaktive Wolke über Westeuropa zog, fragten sich viele, ob man in Stormarn noch regionale Lebensmittel essen kann. „Sind Karpfen radioaktiv belastet?“ lautete eine Überschrift in der „Ahrensburger Zeitung“ am 19.8.1986 – stand doch das Reinfelder Karpfenfest vor der Tür. Der Kreis ließ damals die Fische und auch zahlreiche andere Lebensmittel testen.
„Wir haben die Akten aus den Jahren 1985 bis 1989 vorliegen“, erläutert Archivar Johann Partuschke. „Darin sind die Protokolle über die Werte im Kreis Stormarn enthalten, die die Lebensmittelüberwachung damals gemessen hat.“ Auch viele Bürgeranfragen sind dokumentiert. Das Kreisarchiv macht die Protokolle digital zugänglich.
Desinformation vorbeugen
Laut einer aktuellen Meldung des Verbands deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA) spreche der Verfassungsschutz inzwischen mit Blick auf das Ausmaß der Falschmeldungen aus dem Ausland von einer Gefahrenlage. Auf unterschiedliche Weise werde versucht, die Demokratie durch großangelegte Desinformationskampagnen zu destabilisieren. Der VdA leitet daraus die Forderung ab, Archive zu stärken und besser auszustatten. „Authentische und integre Informationen sind für eine freiheitliche Gesellschaft fundamental. Der Blick der Öffentlichkeit ist deshalb auf die Archive als Orte wahrer Informationen zu richten!“, heißt es in einer Erklärung dazu. „Was wir im Archiv haben, ist echt“, erklärt Watzlawzik.