Tatort Stormarn - Teil 3: Ein Bankräuber mit Spielzeugpistole
Im Kreisarchiv Stormarn schlummern interessante Kriminalfälle der Vergangenheit, die in Zeitungsartikeln und Fotos dokumentiert sind. Sie bilden die Grundlage für die folgende Serie. Von Betrug bis Mord ist alles dabei.
Lesen Sie heute Teil 3
Tatort Stormarn: Ein Bankräuber mit Spielzeugpistole
Am 23. Januar 1967 betrat ein 25-jähriger Mann die Nebenstelle der Kreissparkasse in Hammoor und gab vor, ein Konto einrichten zu wollen. Als die Angestellte seinen Ausweis sehen wollte, zückte der Mann eine Pistole, verlangte das Geld und konnte mit 1105 DM Beute entkommen.
Danach „sprang er in seinen Wagen, wendete in Richtung Hauptortsdurchfahrt und raste in Richtung Autobahn davon“, beschrieben die „Lübecker Nachrichten“ in einem Artikel im Kreisarchiv Stormarn die Flucht des Täters. Das Fluchtfahrzeug war ein blassblauer Mercedes mit einem, wie sich herausstellte, gefälschten Kennzeichen. Die Hammoorer Sparkasse war nicht das erste Geldinstitut, in dem der Räuber sein Glück versucht hatte. „Wie die Ahrensburger Kriminalpolizei ermittelt hat, wurde der Mann am Montag kurz vor 9 Uhr in Großensee, zwischen 9 und 10 Uhr in Siek vor der dortigen Spar- und Darlehenskasse und zwischen 10 und 10.30 Uhr in Mollhagen gesehen. In Mollhagen betrat er die Spar- und Darlehnskasse. Dort wollen Zeugen gesehen haben, daß er stutzte, als er bemerkte, daß die Schalter mit Panzerglas gesichert sind“, berichtete das „Stormarner Tageblatt“.
Schulden trieben den Täter an
Offenbar hatte der Täter auch vorgehabt, weitere Geldinstitute in Lasbek-Dorf, Schwarzenbek und einem Dorf in Niedersachsen zu überfallen. „Weil er dort Panzerglas vor dem Schalter, zu viel Kundschaft oder auch eine nette Bedienstete vorfand, trat er jedoch stets in letzter Minute von dem Vorhaben zurück“, so die „Lübecker Nachrichten“. Als der Räuber in Schneverdingen mit demselben Auto, aber mit neuen Kennzeichen vorfuhr und wieder ein Konto eröffnen wollte, riefen die misstrauisch gewordenen Angestellten die Polizei, die den Mann festnahm. Der Hoisbütteler warf die Waffe am Tatort weg, doch sie wurde gefunden - und stellte sich als Spielzeugpistole heraus. Grund für die Überfälle waren hohe Schulden des Mannes. So hatte er laut Archivmaterial ein teures Auto gekauft und später mit Verlust wieder verkauft, ehe er sich den Tatwagen besorgt hatte. Seine Schulden waren auf 15.000 DM angestiegen. Die Lübecker Strafkammer verurteilte ihn zu einem Jahr Gefängnis, setzte die Strafe aber zur Bewährung aus. Obwohl es sich um eine Spielzeugpistole gehandelt hatte, wurde der Täter wegen „bewaffneten Raubüberfalls“ angeklagt.
„Diese Pistole sieht einer Walther PPK täuschend ähnlich“, hielt ein Reporter damals fest. Selbst Polizeibeamte hätten sie auch auf kurze Entfernung nicht von einer echten Waffe unterscheiden können. Zwar galt es als mildernder Umstand, dass der Angeklagte mit der Spielzeugwaffe niemanden hätte erschießen oder verletzen können, doch der Schock des Überfallenen sei gleich, weil er nicht habe wissen können, dass es keine echte Waffe war.
Nach Freilassung mit Betrug weiter gemacht
„Noch im Gerichtssaal hatte ihm damals ein Kriminalbeamter auf den Kopf zugesagt: „Sie kommen doch bald wieder“, zitierte ein Reporter, als genau der Fall nur wenige Monate später eintrat.
Gleich nach Prozessende hatte der Verurteilte als „reisender Betrüger“ weiter gemacht, so der Fachbegriff der Polizei. „Er vermiete seine Wohnung in Hoisbüttel an den indonesischen Vizekonsul, der seitdem seinen Diplomaten- und seinen Reisepaß vermisst“, meldeten die „Lübecker Nachrichten“ im Oktober desselben Jahres. Offenbar hatte der Hoisbütteler die Papiere genutzt, um damit bei drei Banken in Süddeutschland Konten einzurichten, dort gefälschte Verrechnungsschecks einzuzahlen und am nächsten Tag Geld abzuheben, ehe die Schecks platzten. „Auf diese Weise erschlich er sich rund 15.000 DM“, schrieb die „Ahrensburger Zeitung“. In Hamburg wurde der Mann schließlich gefasst. Ihm wurden noch zahlreiche weitere Betrugsdelikte nebst Urkundenfälschung vorgeworfen. Zunächst musste er nun die erste Haftstrafe von zwölf Monaten absitzen. Wie die Anklage wegen Betrugs ausging, ist nicht bekannt.
Lesen Sie im nächsten Teil wie 1955 in Ahrensburg der Traum vom neuen Eigenheim buchstäblich in die Luft ging.