06.02.2023

Tatort Stormarn: Teil 2 - Post von einer Toten

Im Kreisarchiv Stormarn schlummern interessante Kriminalfälle der Vergangenheit, die in Zeitungsartikeln und Fotos dokumentiert sind. Sie bilden die Grundlage für die folgende Serie. Von Betrug bis Mord ist alles dabei.

Lesen Sie heute Teil 2 - Tatort Stormarn: Post von einer Toten

Post von einer Toten: Leichenfundort KartoffelgrubeHat Dr. Heinz Bober seine Frau umgebracht oder nicht? Diese Frage beschäftigte 1964 nicht nur die Menschen in Bad Oldesloe, wo man die Leiche von Herta Bober gefunden hatte, sondern auch bundesweit die Bevölkerung.

Denn der Fall hatte alle Zutaten eines raffinierten Krimis, in dem der Täter den Ermittlern immer einen Schritt voraus ist. Im Kreisarchiv Stormarn zeigen Artikel aus dem „Stormarner Tageblatt“ und den „Lübecker Nachrichten“, dass tagelang über den Fall spekuliert wurde.

Ein verdächtiger Wissenschaftler, die Leiche seiner Frau, gefälschte Post aus Casablanca, Schulden, Interpol und viele Widersprüche – das sind die Puzzleteile eines Kriminalfalls, der nie endgültig geklärt werden konnte.

Die Vermisstenanzeige von Herta Bobers Familie hatte dazu geführt, dass im Dezember 1964 Haus und Grundstück der Villa, die Dr. Heinz Bober in der Kreisstadt gemietet hatte, durchsucht wurden. „Das Ergebnis der Suche war die Auffindung einer Kiste, in der sich die Leiche einer Frau, vermutlich Herta B., befand“, schrieb das „Stormarner Tageblatt“ damals.

Frau wurde zuletzt in Heidelberg gesehen

Post von einer Toten: Villa BoberDas Ehepaar Bober lebte bis 1962 in Heidelberg, wo Bober ein Labor in seiner Wohnung hatte. „Er untersuchte dort Medikamente und will sie auch wie er angibt an sich und seiner Frau erprobt haben“, hält das „Stormarner Tageblatt“ fest.

Herta Bober hatte erzählt, dass sie nach Hamburg ziehen wollten. „Lebend ist Frau Herta Bober zuletzt Ende Juni 1962 von der Heidelberger Haushälterin gesehen worden“, schreibt das „Stormarner Tageblatt“. Danach erfolgte eine längere Reise nach Afrika, von der Bober alleine zurückkehrte. In Heidelberg erklärte er, seine Frau sei aus gesundheitlichen Gründen noch in Afrika geblieben.

Aus Afrika schrieb Bober an Bekannte mit Grüßen seiner Frau, und Herta Bobers Schwester erhielt eine Karte aus Casablanca, die auf ihrer Schreibmaschine geschrieben und nur mit „Herta“ unterschrieben war. Zuvor hatte die Familie Herta Bobers sich beklagt, weil sie von Herta nichts mehr gehört hatte.

Nach der Afrikareise bezog Bober 1963 eine Wohnung in einer Villa in Bad Oldesloe – ein Foto im Archiv zeigt das herrschaftliche Haus -, wo er sich im Gartenhaus ein Labor einrichten wollte. „Seine Ehefrau wurde in Bad Oldesloe nicht mehr gesehen“, hält ein Reporter fest.

Der Anthropolge Bober habe für seine Experimente das Labor gebraucht, aber ehe es fertig war, zeigten die Handwerker und der Vermieter ihn an, weil er weder die Handwerker noch den Vermieter bezahlt hatte.

Gleichzeitig war die Familie von Herta Bober misstrauisch geworden und hatte eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Darauf seien Haus und Gartenhaus im Dezember 1964 von der Polizei durchsucht worden, so die Archivalien.

In einer alten Wehrmachtskiste vergraben

Post von einer Toten: Spurensuche im HeizungskellerIn der früheren Kartoffelgrube des Gartenhauses wurde die Leiche entdeckt. „Die Kiste ist nach Angaben der Kriminalpolizei eine alte wasserdichte Wehrmachtskiste; in die eine Zinkeinlage eingebaut ist. Der Deckel war mit Kitt abgedichtet. Über der Kiste war die Grube mit Holzbohlen abgedeckt worden, über denen Bauschutt aufgeschüttet wurde“, beschreibt der Reporter den Fundort.

Zahlreiche Handwerker hätten die Kiste vorher gesehen, weil sie im Weg stand. „Bereits vor mehr als zwei Jahren soll sie in einer Heidelberger Spedition unangenehm aufgefallen sein, weil ihr ein penetranter Geruch entströmte.“ Die Obduktion ergab, dass die Frau schon mehr als zwei Jahre tot war.

Hatte Bober seine Frau schon in Heidelberg umgebracht und allen vorgemacht, dass sie noch lebte? Der Verdacht erhärtete sich, als laut Zeitungsbericht Interpol herausfand, dass Heinz Bober alleine in Casablanca gewesen war.

Auch spürte die Polizei die Schreibmaschine, auf der die Postkarte aus Casablanca geschrieben worden war, und andere Gegenstände, die der Toten gehört hatten, in einem Hamburger Leihhaus auf. Zudem machte Bober widersprüchliche Angaben: Erst hatte er erklärt, nicht zu wissen, wie die Kiste unter das Gartenhaus gekommen war.

Später gab Bober an, die Leiche seiner Frau sei plötzlich in Bad Oldesloe aufgetaucht. „Sie habe, so Bober, von unbekannter Hand in einen Kleidersack verpackt, im Laboratorium gelegen“, schrieb der „Spiegel“ im Oktober 1965.

Angeblich hätte seine Frau ihn 1962 verlassen, was er nicht habe erzählen wollen. Zuvor hatte es auch das Gerücht gegeben, Herta Bober sei von einem afrikanischen Stammesfürsten entführt worden.

Keine sichtbare Fremdeinwirkung

Die Obduktion der Leiche ergab keine sichtbare Fremdeinwirkung. „Zwar war eine Beschädigung des Kehlkopfes zu erkennen, doch ließ sich nicht nachweisen, ob sie der Toten zu Lebzeiten oder erst nach dem Tod - etwa beim Einzwängen der Leiche In den engen Zinkbehälter – zugefügt worden war“, so der „Spiegel“.

Bober hatte stets erklärt, mit dem Tod seiner Frau nichts zu tun zu haben. Im Gartenhaus vergraben habe er sie, weil er sich nicht dem Vorwurf des Mordes habe aussetzen wollen. Auch habe er es nicht über das Herz gebracht, sie wie die Tierkadaver, mit denen er arbeite, in Säure aufzulösen.

Das Gericht verfügte schließlich weitere Haft, nun nicht mehr wegen Mordes, sondern wegen Totschlags. Doch ohne ein Geständnis sah Bobers Verteidiger auch dafür keine Grundlage, da es weder Indizien noch Zeugen gebe. Ob es zu einem Prozess gekommen ist, ist nicht dokumentiert.

Lesen Sie im nächsten Teil wie ein junger Bankräuber aus Hoisbüttel nach seiner Verurteilung die kriminelle Karriere als Scheckbetrüger fortsetzte.